Verehrte Leserinnen und Leser, liebe Kundinnen und Kunden,
beim Verfassen dieses Aufsatzes liegen schon zwei Monate des Jahres 2019 hinter uns, und bis jetzt hat der Verlauf dieser ersten Monate keinerlei Enttäuschung gebracht: Dem deutschen Volk geht es so gut wie nie, die Arbeitslosigkeit ist niedrig, der Staat insgesamt hat 2018 mehr als 50 Mrd. Euro Überschuss erwirtschaftet. Wir leben in Frieden und (noch) in Freiheit, die Demokratie funktioniert – und doch: Unterhält man sich mit manchen Bürgern, wird gejammert und voll Pessimismus auf hohem Niveau geklagt. Die Zukunftsangst ist weit verbreitet und dies nicht nur in Deutschland – ähnlich sind die Verhältnisse in den anderen 27 Staaten der Europäischen Union.
Nur vier Wochen vor dem Brexit-Termin am 29. März 2019 ist das politische Durcheinander in Großbritannien einem Desaster näher denn einer Tragikomödie.
Für mich ist absolut unverständlich, wie in einem der ältesten Parlamente der Welt ein derart komplettes Durcheinander produziert werden kann und man zweieinhalb Jahre seit dem Brexit-Referendum verstreichen ließ, um jetzt einen Monat vor Eintritt des Ereignisses noch nicht zu wissen, ob man ohne Deal aus der Europäischen Union ausscheidet, ob man den „Backstop“ akzeptiert oder das Ausscheiden Großbritanniens um 21 Monate in die Zukunft verschiebt, oder gar, was gerade am 23. Februar 2019 publik wurde, ob man eine zweite Brexit-Abstimmung durchführt, wofür der Oppositionsführer Jeremy Corbyn aktuell wirbt – für den Außenstehenden wirr und unverständlich.
Wenn Sie dieses Heft lesen, wissen wir alle mehr: Obwohl unsere britischen Freunde in ihrer 46-jährigen Mitgliedschaft in der Europäischen Union meist mehr Bremser denn vorwärtsstürmende Europäer waren, werden wir Großbritannien einerseits vermissen. Andererseits wird die Weiterentwicklung der Europäischen Union ohne die Bremsaktionen aus Großbritannien schneller vorangehen – die Zukunft wird es lehren.
Egal, wie wir politisch denken, welcher Religion oder Rasse wir angehören oder wo wir leben: Es gibt nicht ein einziges Land auf der Welt, in dem sich die Bevölkerung für Krieg, Gewalt und Zerstörung aussprechen würde, überall wird der Frieden gesucht.
Hatten wir nicht mit dem Ende des Kalten Krieges beim Fall des Eisernen Vorhangs in Europa ein riesiges Gefühl der Befreiung, der Freude, der Zukunftssicherheit – jetzt sollte ewiger Frieden einkehren, die Gegensätze zwischen Kommunismus und Kapitalismus sollten der Vergangenheit angehören. Das kapitalistische System hatte seine Überlegenheit bewiesen und den Kommunismus besiegt.
Ich selbst bin 1935 geboren, habe also als Zehnjähriger noch das Ende des Zweiten Weltkriegs miterlebt und mit viel Staunen und manchem Kopfschütteln die technologische, technische, soziologische und soziale Weiterentwicklung der Menschheit erlebt, teilweise auch mitgestaltet. Durch die Gunst des Schicksals durfte ich 80 Jahre die Geschichte Europas miterleben, die mehr Veränderung und Verbesserung auf allen Gebieten gebracht hat als die Zeit seit dem Jahr Null. Das Wissen, die Wissenschaft ganz allgemein, ist in einem atemberaubenden Tempo vorangekommen – durch das Internet ist die Welt zu einem einzigen Dorfplatz geworden. Roboter und Computer, mit dem Schnellzug zur künstlichen Intelligenz, sind die Hauptgründe für Verunsicherung und Pessimismus unter den Menschen. In Horrorvisionen wird nicht ausgeschlossen, dass uns die selbstlernenden Computer mit ihrer künstlichen Intelligenz als Menschen dominieren und versklaven könnten.
Als weiteres Unsicherheitsfeld ist der Klimaschutz ein nur teilweise verstandenes Phänomen, sodass wahrscheinlich mit großer Sicherheit Stephen Hawking mit einer seiner Grundaussagen recht hat: Die Menschheit hat nur eine Chance zu überleben, wenn es ihr gelingt, sich auf einem anderen Stern anzusiedeln. Utopie? Wir wissen es heute nicht: Solange es uns nicht gelingt, schneller zu reisen als das Licht, sind die Reisedistanzen selbst innerhalb unserer kleinen Milchstraßengalaxie derart groß, dass wohl die Menschheit vergehen wird – die Menschheit auf der Erde wird gleich einem galaktischen Wimpernschlag schlicht verschwinden. Ob das in tausend, in zehntausend oder in Millionen Jahren sein wird, ändert nichts am finalen Ergebnis. Die Menschheit war eine Episode.
„WIR KÖNNEN UNS AUF DEN VERLAUF DIESES JAHRES FREUEN.“
Zurück zum Jahr 2019. Was können wir vernünftigerweise dieses Jahr erwarten? Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass das atomare Gleichgewicht bei allen Verantwortlichen der Großmächte die Macht des Faktischen akzeptiert, nämlich dass ein Atomkrieg nicht zu gewinnen ist und der Abschuss einer Atomrakete sofort eine Antwort von einem potenziellen Kriegsgegner finden würde. Die Erde würde in Trümmer gelegt – dieses Kalkül schützte uns auch in der Zeit des Kalten Krieges und sorgte immerhin 75 Jahre für den großen Weltfrieden. Wir in Europa haben ganz besonders davon profitiert. Für mich stellt Pakistan die größte Atomgefahr dar: Wenn in diesem korrupten Land IS, Taliban, Boko Haram, Hamas oder sonst eine fanatische Guerilla-Organisation einen Umsturz zuwege bringt und die dortigen Atomwaffen kassiert, wäre das Desaster vollendet.
Nun, damit ist 2019 nicht zu rechnen, sodass wir uns eigentlich auf den Verlauf dieses Jahres freuen können. Bei Würth sind die ersten zwei Monate des Jahres 2019 absolut plangemäß mit einem Wachstum von acht Prozent verlaufen, sodass wir bei Fortsetzung dieses Trends mit neuen Umsatz- und Betriebsergebnisrekorden rechnen dürfen.
Wägen wir also Pro und Kontra, Vor- und Nachteile gegeneinander ab, dann dürfen wir das Jahr 2019 mit gemäßigtem Optimismus durchlaufen und können uns des Lebens freuen. Mehr erhoffen wir gar nicht für unser kleines Glück: Frieden in Freiheit ergibt ein Narrativ, das wir uns nicht durch Extremisten – weder von rechts noch von links – gefährden lassen dürfen. Die Europawahlen stehen vor der Türe. Wichtig ist, dass wir diesmal als Europäer alle zur Wahl gehen und unsere Akzeptanz der Europäischen Union zum Ausdruck bringen. Schauen Sie sich die Wahlprogramme der Parteien genau an: Nur eine Minderheit der deutschen Parteienlandschaft unterstützt das weitere Zusammenwachsen Europas uneingeschränkt.
Für mich ist der französische Staatspräsident Emmanuel Macron ein echtes Vorbild und ein großer Europäer, der auf demokratische Art und Weise Europa zusammenschmieden will, um den drei großen Machtblöcken USA, Russland und China gegenüber unabhängig bleiben zu können. Würden wir bei der Europawahl falsch wählen, würden wir die Europazerstörer stärken, wodurch Europa in der Weltpolitik nur noch null Einfluss hätte. Wir alle wären in 20 Jahren von heute nur noch tributpflichtige Vasallen der drei großen Machtblöcke, also halten wir als Europäer zusammen! Weder die kulturellen Eigenarten der Provinzen noch deren Dialekte werden durch eine starke Europäische Union geschmälert oder ausgerottet – ganz im Gegenteil: Wie viele Projekte fördert die Europäische Union in diese Richtung!
Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser, dieser Aufsatz entspringt einer entspannten Feierabendatmosphäre und bewegt sich zwischen Arbeitslosigkeit und Kosmos, zwischen Kriegsgeschrei und Frieden: Aber ist es nicht einmal schön, das Hirn ein klein wenig zu lüften und ein klein wenig über unser Sein nachzudenken? Tut man das, werden manche kleinlichen Diskussionen, Missverständnisse oder Streitereien so banal und unwichtig, dass man sich nach kurzem Nachdenken dem Partner, dem Gegner, dem Andersdenkenden annähert.
Ihnen, verehrte Leserinnen und Leser, verehrte Kundinnen und Kunden, wünsche ich mit dem heraufsteigenden Frühling Optimismus, Lebensfreude und Zukunftssicherheit. Unseren Kunden darf ich auf diesem Weg erneut meinen herzlichen Dank für die vielen Bestellungen, die wir erhalten, aussprechen. Allein bei der Muttergesellschaft Adolf Würth GmbH & Co. KG werden jeden Werktag zwischen 35.000 und 40.000 Sendungen in dem Bestreben abgefertigt, unseren Kunden höchste Qualität und vorbildliche Dienstleistung zur Verfügung stellen zu dürfen.
Ich grüße Sie alle sehr freundlich
Ihr Reinhold Würth