Es ist eine große, romantische Geste, ein opulentes Geburtstagsgeschenk an die Ehefrau: Das CARMEN WÜRTH FORUM in Künzelsau-Gaisbach, eine multifunktionale Veranstaltungsstätte, ist weit mehr als irgendein Gebäude. Es thront auf einer kleinen Anhöhe mit Blick auf die Waldenburger Berge, schmiegt sich förmlich an die sanft gewölbten Hügel – ein Solitär auf dem weitläufigen Gelände der Firmenzentrale in Hohenlohe. Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth hatte seine Vision davon schon vor etlichen Jahren auf eine einfache Serviette skizziert. An seinem 80. Geburtstag im April 2015 verkündete er, dass die Idee realisiert werden solle. Ende Februar 2016 wurde mit dem Rohbau begonnen. Nun ist es fertig, rund 1.300 Bauarbeiter waren auf der Baustelle teils im Schichtbetrieb tätig. Die feierliche Eröffnung des Kultur- und Kongresszentrums ist am 18. Juli 2017, dem 80. Geburtstag der Namensgeberin und Gattin, der das Bauwerk gewidmet ist.
Reduzierte Form: Das Forum nimmt sich als Gebäude zurück
Auch das CARMEN WÜRTH FORUM repräsentiert die traditionell enge Verbindung von Würth zur Architektur der Spitzenklasse – schon seit jeher gehören ästhetische Würth Gebäude zur Unternehmenskultur. Das neue Veranstaltungszentrum ist vielleicht deren schönstes Beispiel.
Soziales Engagement als Herzenssache
Für Carmen Würth, am 18. Juli 1937 geboren, ist das Engagement für die gesellschaftliche Integration geistig behinderter Menschen ein Herzensanliegen. Gemeinsam mit ihrem Mann Prof. Reinhold Würth gründete sie 1987 die Stiftung Würth. Diese widmet sich der Förderung von Kunst und Kultur, Forschung und Wissenschaft sowie Bildung und Erziehung. 2003 wurde das von Carmen Würth initiierte und in den Medien viel beachtete Hotel-Restaurant Anne-Sophie in Künzelsau eröffnet, in dem Menschen mit einer Behinderung in die Arbeitsabläufe eines Gastronomiebetriebes eingelernt werden. Ihr jüngstes Projekt ist das Kulturhaus Würth in Künzelsau mit der Präsenzbibliothek Frau Holle. Carmen Würth wurde mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen geehrt, unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande und der Ehrenbürgerwürde der Technischen Universität München.
„ES WAR EINE EINDEUTIGE ENTSCHEIDUNG – DIE REDUZIERTE FORMSPRACHE HAT UNS ÜBERZEUGT“
BERND HERMANN

Wir lenken den Blick auf die Details – mit einem roten Rahmen.
Der britische Architekt David Chipperfield, der für seine schlichten, eleganten Entwürfe weltberühmt ist, hatte den internationalen Architektenwettbewerb gewonnen. „Es war eine eindeutige Entscheidung“, sagt Bernd Herrmann, Mitglied der Konzernführung der Würth-Gruppe und Vorsitzender des Beirats des CARMEN WÜRTH FORUM, „die reduzierte Formsprache hat uns überzeugt.“ Chipperfield selbst hat einige Jahre in Japan gelebt, der Einfluss zeitgenössischer japanischer Architektur ist in den Arbeiten spürbar. Minimalismus, Schlichtheit, natürliche Materialien: All dies findet sich in seinen Projekten wieder.
Der Entwurf von Chipperfield sei zwar an die Gegebenheiten vor Ort angepasst worden, erläutert Paul Krämer, bei Würth verantwortlich für die Projektsteuerung und Gesamtprojektleitung, trage aber immer noch die an die klassische Moderne angelehnte Architektursprache aus dem Wettbewerb. Schon die nüchternen Zahlen sind beeindruckend: Auf einer Gesamtfläche von 11.000 Quadratmetern beherbergt das CARMEN WÜRTH FORUM einen unterirdisch angelegten Kammermusiksaal, eine große, teilbare Halle sowie ein lichtdurchflutetes Foyer nebst Technik- und Lagerräumen, Werkstätten und großem zentralen Gastronomiebereich. Dank flexibler Bestuhlungs- und Nutzungsmöglichkeiten eignet sich das Forum gleichermaßen für Kongresse, Messen, Ausstellungen und Konzerte. Trotz seiner Größe wirkt es nicht protzig. Paul Krämer: „Die Besonderheit ist, dass es sich als Gebäude zurücknimmt und dem sensiblen Landschaftsbild Rechnung trägt.“ Die unmittelbar angeschlossene Freifläche im Außenbereich bietet Platz für bis zu 10.000 Besucher bei Open-Air-Events aller Art.
Ein unterirdischer Kammermusiksaal als Schmuckstück
Bei einem Rundgang mit Paul Krämer erschließen sich die Raffinessen und außergewöhnlichen Details des Gebäudes. Von jungen Linden gesäumte Fußwege aus hell eingefärbtem Asphalt führen zum Haupteingang. „Wenn die Bäume gewachsen sind, ergibt dies einen wunderbaren Alleecharakter“, so Krämer. Auf der Freifläche vor dem Gebäude können Forumbesucher und Flaneure in einem Skulpturengarten lustwandeln – und etwa die gewaltige Bronzearbeit „BDM (Mädchengruppe)“ von Georg Baselitz aus dem Jahr 2012 bestaunen, die drei freundschaftlich untergehakte Figuren zeigt. Dreiteilig ist auch Tony Craggs sieben Meter hohe Bronzeskulptur „Points of View“ von 2013. Zu den neun Skulpturen des Parks gehört auch die Figur „Nana dansante bleue“, 1995, von Niki de Saint Phalle. Würth und die Kunst: Hier wird einmal mehr diese Allianz deutlich.

Der Kammermusiksaal: französische Walnuss für die Wandverkleidung, deutsche Räuchereiche für Bühne und Boden

Der Blick fällt auf die sorgfältig kombinierten Wandpaneele, deren Maserung perfekt zusammenpasst
Auf eine Einfriedung des insgesamt 17 Hektar großen Geländes wurde bewusst verzichtet. Es soll für die Allgemeinheit zugänglich sein und zum Verweilen einladen – dazu wurden 30 Parkbänke aufgestellt. Der Vorplatz des Gebäudes ist von zwei 70 und 40 Meter langen Kulissen aus gestocktem, in mehrfarbigen Schichten aufgebrachten Beton flankiert. Sie geben der eleganten Stahl-Glas-Fassade einen imposanten Rahmen. So schlicht die äußere Erscheinung des CARMEN WÜRTH FORUM ist, so überraschend reich ist dessen Innenleben: Herz- und Schmuckstück ist der unterirdische Kammermusiksaal, der rund 600 Besuchern höchsten Klanggenuss bietet. Der nach vorne zur Bühne steil abfallende quaderförmige Raum besticht mit einer komplexen Wand- und Deckenverkleidung aus französischem Walnussholz in warmen, satten Farbtönen. Architekt David Chipperfield hat es sich nicht nehmen lassen, jede einzelne Holzplatte im Furnierwerk in Karlsruhe selbst zu überprüfen, damit die Maserungen exakt zusammenpassen, berichtet Paul Krämer. Für den Boden wurde dunkle deutsche Räuchereiche gewählt, die bequemen Sitze sind mit einem eigens in der italienischen Stadt Vicenza gefertigten Leinengewebe in flammendem Orangerot bezogen. Die größte Besonderheit ist aber eine klangliche. Ermöglicht worden seien die perfekten Bedingungen durch eine komplette akustische Simulation für alle Bereiche und die Definition der Raumgeometrie als Ergebnis dieser Tests – unter anderem durch die Anordnung und Auswahl der Oberflächen der Decken- und Wandpaneele. Während an bestimmten Stellen fein perforierte Paneele unerwünschte Schwingungen absorbieren, leiten andernorts solche mit glatten Oberflächen den Schall weiter.
Ebenso wie die Akustik wurde im Vorfeld die klimatische Situation simuliert, „allein dafür hat der Computer drei Wochen gerechnet“, so Krämer. Nirgends im Saal soll es zugig sein, sondern ein gleichmäßiges, angenehmes Raumklima herrschen. Es gibt großzügige Künstlergarderoben und klimatisierte Instrumentenzimmer. Zudem wurde ein kostbarer Steinway-Konzertflügel angeschafft.
Im Kammermusiksaal wie auch im Foyer und im Großen Saal, der je nach Nutzung bis zu 2.500 Besucher fasst, ist modernste Technik für Beleuchtung und audiovisuelle Medien wie etwa Videos vorhanden. Paul Krämer: „Im Kammermusiksaal etwa können mehrere tausend Farbstimmungen oder Szenen geschaltet werden.“ Auch in der großen Multifunktionshalle sind größtmögliche Variabilität und höchste Standards garantiert: etwa durch Vorrichtungen für Kamera-Direktübertragungen, vier feste und je nach Bedarf mobile Dolmetscher-Kabinen, die Möglichkeit einer sogenannten Nachhallverlängerung, mobile Bühnen, mehrere Regieräume sowie eine offene Deckenkonstruktion mit zahlreichen Catwalks und 70 beweglichen Kettenzügen. „Sie können hier alles machen“, sagt Paul Krämer und in seiner Stimme schwingt hörbar Stolz mit.

Das CARMEN WÜRTH FORUM nimmt sich als Gebäude zurück
Beispiel für die Bandbreite des Würth Portfolios
Dass das CARMEN WÜRTH FORUM darüber hinaus ein echtes Würth Gebäude ist, lässt sich an vielerlei Einzelheiten festmachen: Der Boden im großen Saal trägt eine Epoxidharz-Beschichtung im typisch leuchtenden Würth Rot. Bei den Bauarbeiten wurde eine Vielzahl an Würth Produkten eingesetzt: Befestigungsmittel wie Schrauben, Dübel, Nägel, Technikunterkonstruktionen, chemische Produkte, Maschinen und Arbeitsgeräte wie Schaufeln, Hammer, Werkzeugkästen, Schutzeinrichtungen sowie Messwerkzeuge.
Kein Wunder also, dass das CARMEN WÜRTH FORUM das Lieblingsprojekt von Prof. Reinhold Würth ist, dem es ein Anliegen war, selbst regelmäßig auf der Baustelle vorbeizuschauen. Denn es ist nicht nur ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk an seine Ehefrau Carmen, sondern auch ein reales Anschauungsobjekt für die Vielfalt des Würth Produktportfolios. Und es ist ein einmaliges Beispiel dessen, was Architektur auf höchstem Niveau heute sein kann: ein Bauwerk, in dem man sich wohlfühlen und mit allen Sinnen genießen kann.