Wie Korkenzieher winden sich die drei mächtigen Bronze-Skulpturen „Points of View“ von Tony Cragg in die Höhe, nur wenige Schritte weiter tanzt die „Nana dansante bleue“ von Niki de Saint Phalle im bunten Kleid neben dem monumentalen Werk „Pi“ von Lun Tuchnowski. 55 Arbeiten renommierter Bildhauer und Bildhauerinnen schmücken die Umgebung rund um das Carmen Würth Forum und weisen den Weg zum neuen Museum Würth 2. Ende Juni wurde der von den Stararchitekten David Chipperfield Architects entworfene Erweiterungsbau eröffnet. Seitdem ergänzt er das bestehende Kultur- und Kongresszentrum um einen Konferenzbereich und ein Kunstmuseum. Entstanden ist ein Gebäudekomplex, der Kunst, Kultur und Unternehmen vereint, wie man es sonst nur in Großstädten erwartet – und dabei wie eine Akropolis über der Hohenloher Ebene in Südwestdeutschland thront.
„IN DAS INNERE DES CARMEN WÜRTH FORUM HINEINKOMPONIERT, KOMMEN DIE KERNGEDANKEN REINHOLD WÜRTHS ZU DEN WECHSELWIRKUNGEN VON KUNST, KULTUR UND ARBEITSWELT ZU EINEM SEHR ÜBERZEUGENDEN FAZIT.“
C. Sylvia Weber
Nur einen Steinwurf vom zentralen Würth Firmensitz entfernt, an dem Ort, wo für Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth unternehmerisch alles begann, finden nun bedeutende Werke seiner Sammlung moderner und zeitgenössischer Kunst eine Heimat. Die rund 1.150 Quadratmeter große Ausstellungsfläche erstreckt sich über eine weitläufige Haupthalle im Obergeschoss und ein kleines, geschütztes Kabinett für lichtempfindliche Werke im Untergeschoss. Im Belvedere ermöglichen bodentiefe Fenster den Besuchern eine Aussicht auf den Skulpturengarten und die umliegende Landschaft bis zu den Waldenburger Bergen und verbinden Innen und Außen, Architektur, Kunst und Natur.

Mit dem Neubau des Museum Würth 2 in der Nachfolge Mies van der Rohes haben David Chipperfield Architects eine klare, kühle Eleganz perfektioniert.
Die Eröffnungsausstellung „Weitblick – Reinhold Würth und seine Kunst“ zeigt 200 Schlüsselwerke der Sammlung aus dem späten 19., dem 20. und 21. Jahrhundert. Gleichzeitig spiegelt sie die persönlichen Vorlieben des Sammlers wider. „Das Ziel war, einen festen Platz für die Highlights der zeitgenössischen und modernen Sammlung Würth zu schaffen. Mit großem Vergnügen haben wir dazu aus dem ‚persönlichen′ Künstleralphabet Reinhold Würths Werke ausgewählt, die ihm besonders ans Herz gewachsen sind und ihn zum Teil schon seit Jahrzehnten begleiten“, sagt C. Sylvia Weber, Direktorin der Sammlung Würth. Wer die über fünf Meter hohen, lichtdurchfluteten Räume mit einer Decke aus mattiertem Glas durchquert, trifft also auf Klassiker der Moderne wie Max Beckmann, Pablo Picasso und Ernst Ludwig Kirchner genauso wie auf Größen der Gegenwartskunst wie David Hockney, Georg Baselitz und Anselm Kiefer.
„IN MEINEN AUGEN SAMMELT ER NICHT, UM ZU BESITZEN, SONDERN EHER UM ZU TEILEN, UM DIE GEMEINSCHAFT ZU BEREICHERN UND UM KULTURGÜTER ZU BEWAHREN.“
Maria Würth
Der Ausstellungstitel könnte nicht passender gewählt sein: Weitblick ist eine Eigenschaft, die Reinhold Würth in besonderer Weise auszeichnet. Mit Weitblick hat er sein Unternehmen über 65 Jahre geführt. Mit Weitblick hat er, parallel zum Firmenaufbau, Kunst erworben und im Laufe von 50 Jahren eine Privatsammlung aufgebaut, die heute mit über 18.300 Werken zu den umfangreichsten in Europa zählt. Dabei ist ihm der direkte Austausch mit den Künstlerinnen und Künstlern sehr wichtig. Mit einigen pflegt er enge Freundschaften. „Viele solche jahrelangen Beziehungen zu Künstlerinnen und Künstlern haben die Sammlung Würth geprägt und eine facettenreiche und individuelle Perspektive geschaffen“, sagt die Kunsthistorikerin Maria Würth. Die Enkelin von Carmen und Reinhold Würth und Tochter von Bettina und Markus Würth ist Mitglied des Kunstbeirats der Würth-Gruppe.
MUSEUM WÜRTH 2
Das Museum Würth 2 ist von April bis September täglich geöffnet von 11 bis 19 Uhr, von Oktober bis März täglich von 11 bis 18 Uhr. Bei Veranstaltungen im Carmen Würth Forum werden die Öffnungszeiten angepasst.
Museum Würth 2 digital:
Besucherinnen und Besucher können sich mit der App Museum Würth 2 individuell führen lassen. Die App ist kostenfrei auf Deutsch und Englisch im AppStore und
bei Google Play erhältlich. Vor Ort gibt es Leihgeräte.
MUSEUM WÜRTH 2
im Carmen Würth Forum
Am Forumsplatz 1
74653 Künzelsau
Auch mit dem im Mai dieses Jahres verstorbenen Verhüllungskünstler Christo verband Reinhold Würth eine lange Freundschaft. „Ich habe Christo in Hamburg kennengelernt und wir waren uns auf Anhieb sympathisch“, erinnert sich Würth. „Also habe ich ihn einfach gefragt, ob er sich vorstellen könnte, bei uns im Hauptsitz in Künzelsau eine Verhüllung zu machen.“ Das Ergebnis dieser Begegnung: 1995 verhüllte Christo zusammen mit seiner Frau Jeanne-Claude das Museum Würth von innen mit Stoffbahnen und Packpapier. Das Projekt „Wrapped Floors and Stairways and Covered Windows“ wird ein riesiger Erfolg und gilt als die größte Innenverhüllung, die Christo jemals realisierte. Die Werke des amerikanisch-bulgarischen Künstlers bilden mit über 130 Exponaten nun einen Schwerpunkt in der Sammlung Würth – auch im neuen Museum Würth 2 ist Christo mit zahlreichen Wrapped Projects vertreten. Mit seinem besonderen „Weitblick“ sammelt Reinhold Würth also in erster Linie nicht für sich selbst, sondern vor allem, um seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und der breiten Öffentlichkeit einen unmittelbaren und kostenfreien Zugang zur Kunst zu ermöglichen – und den Blick aller Besucherinnen und Besucher zu erweitern.
„NACHDEM ICH MIT 85 JAHREN GEGEN ENDE MEINER LEBENSSPANNE ANGEKOMMEN BIN, SEHE ICH DIE VOLLENDUNG DIESES CARMEN WÜRTH FORUM AUCH ALS EINEN GEWISSEN SCHLUSSPUNKT IN MEINER LEBENS- UND BERUFSLAUFBAHN.“
Reinhold Würth

AKROPOLIS DER KÜNSTE. Im Juni wurde der erneut von David Chipperfield Architects entworfene Erweiterungsbau eröffnet.