Mit dem Bau eines Innovationszentrums am Heimatstandort Künzelsau schafft die Adolf Würth GmbH & Co. KG Raum für Ideen, Kreativität und zukunftsweisende Produkte und Systeme. Das 70-Millionen-Euro-Projekt soll vor allem dazu dienen, Innovationszyklen von Produkten zu verkürzen. Die Bauarbeiten haben bereits begonnen, Ende 2021 soll das Gebäude fertig sein.
Künftig werden dort in Kooperation mit den Universitäten Stuttgart, Karlsruhe und Innsbruck insgesamt rund 250 Menschen Produkte und Systemlösungen der Zukunft entwickeln. Die vernetzte Zusammenarbeit der Entwickler der Adolf Würth GmbH & Co. KG mit denen einiger Tochterunternehmen soll ein großer Synergiehebel sein. Zu den Tochterunternehmen gehören SWG Schraubenwerk Gaisbach, Dringenberg Betriebseinrichtungen in Obersulm, Toge Dübel in Nürnberg, MKT Metall-Kunststoff-Technik in Weilerbach, sowie Chemofast Anchoring in Willich.

Das neue Würth Innovationszentrum am Standort Künzelsau.
Innovationsfreudigkeit ist bei Würth Bestandteil der Unternehmenskultur und Veränderung ein Teil des genetischen Codes. Die Initiative zur Schaffung des Zentrums kam von Prof. Reinhold Würth, Stiftungsaufsichtsratsvorsitzender der Würth-Gruppe: „Mein Anliegen ist, das Unternehmen immer in der Jugendlichkeit zu halten, im Zustand des Werdens – um zu verhindern, dass wir in den Zustand des Seins abdriften, wo dann die Kameralisten kommen, wo dann die Häkchenmacher kommen und nichts mehr vorwärts geht, sondern nur noch verwaltet und administriert wird. Mir ist es wichtig, dass es nicht in die Routine der Langeweile abdriftet.“
250
Mitarbeiter, Forscher und Entwickler werden im neuen Innovationszentrum Platz finden – ein weiterer Meilenstein in der Firmengeschichte von Würth. „Den Lösungen von morgen schon heute einen Raum geben“, das ist die Vision für diese neue Arbeitswelt auf rund 15.000 Quadratmetern. Hier soll Innovation zum System werden.
Wie im Innovationszentrum die Routinen aufgebrochen werden sollen, erzählt Thomas Klenk, Geschäftsführer Produkt, Einkauf und Export bei der Adolf Würth GmbH & Co. KG, im Interview. Franz Kühmayer, österreichischer Trend- und Arbeitsweltexperte des Zukunftsinstituts, erläutert, welche Arbeitsbedingungen Kreativität begünstigen und weshalb die Voraussetzungen für Innovationen nie besser waren als jetzt.

Thomas Klenk, Geschäftsführer Produkt, Einkauf und Export bei der Adolf Würth GmbH & Co. KG.
INNOVATIONSZYKLEN
zu verkürzen, ist das Hauptziel, das Würth mit dem Bau eines eigenen Innovationszentrums verfolgt. Die optimalen Arbeitsbedingungen in dem rund 70 Millionen Euro teuren Neubau sollen zudem junge Talente für das Unternehmen begeistern – und langfristig halten.
FORSCHEN, VERNETZEN, WACHSEN
Würth Geschäftsführer Thomas Klenk will verschiedene Menschen und Disziplinen zusammenbringen.
Mit dem Innovationszentrum wollen wir deutlich machen, dass wir nicht mehr nur ein Schraubenhändler aus Hohenlohe sind, sondern dass sich hinter Würth viel mehr verbirgt. Unsere Kunden sind immer wieder überrascht, wenn sie sehen, welche Innovationskraft in unserem Unternehmen steckt. Genau dafür bietet das Innovationszentrum, das direkt bei unserer Unternehmenszentrale entsteht, mit seinen Laboren und Werkstätten ganz neue Möglichkeiten – die es bisher so nicht gab. Wir wollen damit die interne Forschung bei Würth stärken, aber auch die Zusammenarbeit mit unseren eigenen Herstellerfirmen im Konzern.
Auf diese Weise vernetzt zu arbeiten bedeutet für uns, verschiedene Disziplinen und Menschen zusammenzubringen. Einerseits werden unsere eigenen Entwickler im Innovationszentrum arbeiten. Zum anderen haben wir auch viele konzerneigene Produzenten, mit denen wir im Innovationszentrum gemeinsam Produkte entwickeln werden.
Wir werden dabei mit drei Universitäten kooperieren: mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das ist die Technische Universität des Landes Baden-Württemberg, mit der Universität Stuttgart und mit der Universität Innsbruck. Diese Hochschulen werden Studierende und Promovierende auf unseren Campus entsenden, die wiederum mit unseren Mitarbeitern und denen unserer Tochtergesellschaften zusammenarbeiten.
Durch das attraktive Gebäude und das vielseitige Forschungs- und Entwicklungsumfeld wollen wir hervorragend ausgebildete Fachkräfte nach Hohenlohe bringen. Über die Kooperation mit den Universitäten sprechen wir die Studierenden direkt an. So können wir junge Talente frühzeitig identifizieren, sie fördern und für das Unternehmen Würth begeistern.
Das wichtigste Ziel des Innovationszentrums ist es, die Innovationszyklen zu verkürzen. Ein Beispiel: Wenn wir eine neue Generation unserer Holzschraube ASSY® einführen, steigt der Umsatz sprunghaft um 15 bis 20 Prozent an und entwickelt sich dann stetig weiter. Daher ist es wichtig, hier nicht zehn Jahre bis zum nächsten Innovationssprung zu warten, sondern das Ganze auf etwa vier bis fünf Jahre zu verkürzen.
Wir haben erst kürzlich ermittelt: Wenn wir von 300 bis 600 Milliarden Dollar ausgehen, die in unserem Marktsegment zu holen sind, sind wir heute immer noch ein kleiner Player, obwohl wir bereits zu den ganz Großen gehören. Es ist also ein riesiges Potenzial vorhanden. Um das werden wir uns verstärkt kümmern. Das Innovationszentrum spielt dabei eine tragende Rolle.
BLÜTEZEIT FÜR INNOVATIONEN
Für Trendforscher Franz Kühmayer ist Innovationsfreudigkeit eine unternehmerische Tugend.
Für mich ist Innovation ein Sehnsuchtsbegriff. Er drückt aus, dass wir uns mit neuen Themen und deren Wertschöpfung auseinandersetzen und uns zukunftssicher machen wollen. Es ist also ein weit gefasster Begriff, der mit der Weiterentwicklung des gesamten Unternehmens zu tun hat und sich nicht nur auf ein konkretes Produkt oder eine Technologie beschränkt. Innovation bedeutet vor allem auch, Aufbruchstimmung zu erzeugen. Da werden sich immer Bedenkenträger melden, denn Innovation hinterfragt das Bestehende und kann deshalb auch als Störfaktor gesehen werden. Dabei ist es falsch, Innovation als Leidensdruck zu verstehen. Innovationsfreudigkeit hat eine große lustvolle Komponente, ist Ausdruck von Mut, weckt Appetit auf Risiko und ist damit eine unternehmerische Tugend par excellence.

Franz Kühmayer, österreichischer Trend- und Arbeitsweltexperte des Zukunftsinstituts.
Doch wie entsteht Innovation? Unternehmen müssen heute durchlässig sein, sich nach außen öffnen. Der Elfenbeinturm und die Hexenküche sind passé. Dazu gehören enge Kontakte und Gespräche mit den Kunden, nach innen mit der eigenen Organisation, und zwar mit allen Mitarbeitern, sowie die Kooperation mit Forschungseinrichtungen. Innovationsfreudigkeit ist auch eine Frage des Menschenbildes: Wir sind alle soziale und schöpferische Wesen. Dies zu erkennen und die passenden Methoden und Schritte einzuleiten, heißt, dem Unternehmen Sauerstoff zuzuführen, damit es wieder atmen kann.
Führungskräfte, die oft hauptsächlich mit Kontrolle und Überprüfung beschäftigt sind, gewinnen so auch mehr Zeit, um selbst kreativ sein zu können. Bei diesem umfassenden Verständnis von Innovation reicht es übrigens nicht, Ideen nur zu entwickeln. Es braucht auch den Willen sowie die Mittel für ihre Umsetzung.
Der Raum an sich ist eine unterschätzte Größe bei dieser Form der Organisationsentwicklung: Es bedarf Orte der Begegnung, wo viele unterschiedliche Menschen aufeinandertreffen und sich miteinander austauschen können. Die Welt ändert sich dramatisch, das Gestern gilt nicht mehr, das Morgen ist unsicher. Doch mit den Möglichkeiten, die zum Beispiel die Digitalisierung mit sich bringt, war es noch nie so einfach wie heute, neue Dinge auszuprobieren. Kurzum: Wir leben in einer Blütezeit für Innovationen.
BETTINA WÜRTH
BEIRATSVORSITZENDE DER WÜRTH-GRUPPE
Für eine langfristig orientierte Unternehmensentwicklung bedarf es einerseits klarer Zielvorgaben und funktionierender Strukturen. Mindestens genauso wichtig ist aber auch, Entwicklungen am Markt frühzeitig zu erkennen und unser Unternehmen dementsprechend auszurichten. Genau hierfür soll das Würth Innovationszentrum Raum und Möglichkeiten bieten. Gemeinsam mit Mitarbeitenden verschiedener Konzerngesellschaften, mit Kunden, aber auch mit externen Beratern und Wissenschaftlern sollen dort neue Ideen entstehen und kreative Lösungen gefunden werden. Unser Ziel ist, unsere Erfahrung weiter auszubauen, um auch in Zukunft innovative Produkte und optimale Systeme für unsere Kunden anbieten zu können.