Digital Detox ist ein Trend. Eigentlich sind Trends was für Leute, die fünfzehn Blogs haben und ihre Kinder nach Metropolen benennen. Aber auch wenn Ihr Kleiner nicht „London“ oder „Schweinfurt“ heißt, müssen Sie nicht auf Trends verzichten. Stattdessen sollten Sie auf alles andere verzichten! Verzichten ist in, und In-Sein ist schließlich das Wichtigste im Leben, außer natürlich der kleine Schweinfurt. Detox ist das Wort der Stunde, die Liste der Dinge, auf die man verzichten soll, wird immer länger.
Milchprodukte, alles mit Gluten, Pelz sowieso, nun sind die Online-Netzwerke dran. Längst ist bewiesen: Facebook, Twitter, Instagram – die ständige Beschallung mit Leben, die schöner und glamouröser scheinen als die eigenen, tut uns nicht gut. Die Lösung: Abschalten, und dann seinen Freunden stolz erzählen, man gönne sich gerade eine „Digital Detox Phase“.
DAS AUSMISTEN MUSS WEITERGEHEN.
Alternativ könnte man natürlich auch nur noch den Accounts von kreuzunglücklichen, adipösen Vollpfosten folgen, aber „Detox“ klingt wohl einfach besser. Ich finde: Es reicht noch nicht mit dem Verzicht. Das Ausmisten muss weitergehen. Als erstes: Relationship Detox, lassen Sie sich scheiden. Danach: Family Detox, soll der kleine Schweinfurt doch sehen, wo er bleibt. Verzichten Sie auf Lebensmittel, dann auf Wasser. Verzichten Sie auf Atmen, all die Störfaktoren im Leben, bei denen es nicht um Sie selbst geht.
Denn vielleicht stört mich genau das an allen Trends: Die manische Konzentration auf das eigene Glück, das neurotische Wechselbad zwischen „will ich alles haben“ und „will ich alles nicht brauchen“. Anstatt also jetzt panisch diesen Text abzubrechen und ihren Laptop abzufackeln, halten sie doch einfach kurz inne und überlegen sich, wozu Sie gerade wirklich Lust haben.
Und folgen Sie dann lieber diesem Impuls als einem Trendwort. Vielleicht wird ja irgendwann Eigenständigkeit Trend – und dann liegen sie damit endlich ganz vorne. All das hätten Sie übrigens nie erfahren, wenn Sie heute schon auf Internet verzichtet hätten…
RONJA VON RÖNNE
Ronja von Rönne wurde 1992 in Berlin geboren und ist jetzt als Autorin wieder in der Hauptstadt gelandet. Sie hat zwei Bücher und viele Artikel in diversen Zeitungen veröffentlicht. Ihr erster Roman „Wir kommen“ erschien im Aufbau Verlag. In diesem Jahr ist eine Sammlung ihrer Kolumnen mit dem klangvollen Titel „Heute ist leider schlecht“ im S. Fischer Verlag veröffentlicht worden. Ihr Blog “Sudelheft” nimmt derweil immer noch kein Blatt vor den Mund – und das ist auch gut so!
HILFE, ICH HABE EINE GLEICHGEWICHTSSTÖRUNG!
Die Hamburger Autorin Susanne Kaloff kann toll auf einem Bein stehen. Ansonsten verhaut sie jedoch jede Form von Balance in ihrem Alltag mit Bravour.
C’est la vie, chérie.