Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Leserin, lieber Leser,
diese Ausgabe unseres Kaleidoskops beschäftigt sich unter anderem mit dem Begriff Nachhaltigkeit. Will man Gedanken zu diesem Thema niederschreiben, ist es fast unmöglich, nicht als Plagiator beschimpft zu werden . Die Definition ist allumfänglich, weltoffen und wird bei ihrer Nutzung so weitläufig verwendet wie kaum eine andere Vokabel unserer deutschen Sprache. Resümiert man, bleibt am Ende der Eindruck, dass es sich um einen jener Begriffe handelt, die sehr im Ungefähren verbleiben und von jedem Erdenbürger mit anderen Inhalten befrachtet werden können.
Nachhaltigkeit kann für vielerlei unterschiedliche Ansichten und Ideen stehen, ähnlich wie die Begriffe „Glück“, „Lebensfreude“, „Himmel“, „Hölle“ oder „Kosmos“. Jeder kennt die Begriffe, gibt ihnen aber seine eigene Definition und Deutung.
Nicht anders verhält es sich bei der Nachhaltigkeit, deren Konstante sein dürfte, dass für sie mehr Verständnis gehegt wird als für kurz- und mittelfristige Sachverhalte. Welche Zeiträume? Nachhaltigkeit mag die Zeitspanne betreffen vom ersten Schritt eines kleinen Kindes bis zu den letzten Schritten im Greisenalter. Nachhaltigkeit kann auch die Sicherheit sein, dass die U-Bahn jeden Morgen zur gleichen Zeit abfährt. Nachhaltigkeit ist auch das beschränkte Wissen, woher der Mensch kommt und wie lange er auf der Erde noch überleben wird.
Über all solche Themen könnte man Wochensymposien abhalten und käme dabei schnell ins Philosophieren. Weiterleben nach dem Tod? Für jeden Christen eine Selbstverständlichkeit, oder?
An einem Beispiel möchte ich zeigen, wie schnell Nachhaltigkeitsentscheidungen obsolet werden. Nach den Reaktorhavarien in Tschernobyl 1986 und dem riesigen Reaktorunfall in Fukushima wurde unter der Führung von Bundeskanzlerin Merkel am 6. Juni 2011 beschlossen, alle deutschen Atomkraftwerke zu schließen und abzubauen. Im Moment sind nur noch wenige Meiler in Deutschland am Netz und in Kürze wird die Atomenergie in Deutschland der Vergangenheit angehören – verständliches Resultat der Sorge um eine bei der Atomenergieproduktion mögliche weitere Reaktorkatastrophe.
ABER: Kein anderes EU-Land, das Atomkraftwerke betreibt, reagierte ähnlich. Und nur zehn Jahre nach dem deutschen Beschluss befassen sich Frankreich und Großbritannien sehr intensiv mit der Neuinstallation weiterer Atomkraftwerke. Der Merkel-Beschluss zur Schließung der deutschen Atomkraftwerke ist also komplett widersinnig, zumal der deutsche Staat Milliardensummen an Entschädigung an die früheren Atomkraftwerksbetreiber zahlen muss und tatsächlich mit einer echten Energieknappheit zu rechnen ist, die dann vielleicht durch französischen oder englischen Atomstrom bei uns in Deutschland gedeckt werden muss.
Auch die Sicherheitsfrage ist mehr als ungelöst: Wenn heute ein französischer oder belgischer Atomreaktor explodiert oder implodiert, entweicht die radioaktive Strahlung logischerweise in die Atmosphäre. Aufgrund der generellen Westwetterlagen in Zentraleuropa wäre also damit zu rechnen, dass die Atomverschmutzung in erster Linie Deutschland treffen würde. Dieses Beispiel zeigt, dass der „nachhaltige Beschluss“, die deutschen Atomkraftwerke zu schließen, absoluter Irrsinn war.
Nachhaltigkeit ist ein ganz großes Wort, und auch mein Unternehmen beschäftigt sich gerne mit den Aktivitäten, die Weltressourcen schonen, um das Überleben der Menschheit vielleicht um ein Jahrhundert zu verlängern. Wir sind uns bewusst, dass jeder Liter Dieselöl und jede Gallone Jet Fuel, die durch die Triebwerke geblasen werden, für immer verloren sind und nie wiederkehren werden, d. h. egal wie viel Vorräte an Erdöl und Erdgas noch vorhanden sind, sie werden jeden Tag weniger und stören die Nachhaltigkeit.
MEIN UNTERNEHMEN HAT GROSSE PLÄNE,
UM EINEN SIGNIFIKANTEN BEITRAG ZUR TEMPERATURBEGRENZUNG,
AUF DER ERDE ZU LIEFERN.“
Sie alle wissen, dass die Menschheit im Juli 2021 schon die regenerierbaren Reserven der Erde für das gesamte Jahr 2021 aufgebraucht hat. Die restlichen fünf Monate haben wir von der Substanz gelebt und kommen dem Ende der Menschheit näher. Wahrscheinlich werden wir den Abbau der deutschen Atomkraftwerke noch bereuen, weil die Atomenergie absolut klimaneutral unlimitiert Energie liefert, die wir alle, vor allem aber die Industrie, so dringend brauchen.
Vermutlich werden wir innerhalb der nächsten 20 Jahre ein Umdenken haben müssen, um sicher mit noch strengeren Sicherheitsmaßnahmen kleinere Atomkraftwerke auch in Deutschland wiederaufzubauen und dem Klimaschutz Rechnung zu tragen.
Diese Aussage hört sich bei der heutigen Definition des Begriffs Nachhaltigkeit geradezu verrückt an, ist aber mit Sicherheit eine Lesart verantwortungsvoller Nachhaltigkeit. China allein baut 50 oder mehr neue Kohlekraftwerke, um den Energiehunger des Landes zu stillen.
Nun hat sich die Welt bis heute als wunderbares Raumschiff für die Menschheit gezeigt und wird dies auch noch eine Weile tun. Trotzdem dürfen wir die Nachhaltigkeit beim Schutz der Erde nicht auf die leichte Schulter nehmen. Mein Unternehmen hat große Pläne, um einen signifikanten Beitrag zur Temperaturbegrenzung auf der Erde zu liefern: So werden sukzessive die über 30.000 Verkäuferfahrzeuge auf Elektroantrieb umgestellt, alle Betriebsanlagen erhalten Solaranlagen auf die Dächer und werden nach und nach auf LED-Beleuchtung umgestellt. Wir vereinfachen unsere Verpackungen, um Müll zu vermeiden, und wir verstärken in unserem neuen Forschungs- und Entwicklungszentrum die Kreation von energie- und arbeitskraftsparenden Produkten, um auch so der Nachhaltigkeit Genüge zu tun. Natürlich brauchen wir für das Gesamtprogramm einige Jahre Zeit, aber wir sind auf einem guten Weg und investieren Millionensummen in dieses Vorhaben, das der gesamten Menschheit zugutekommen soll. Auch wenn unsere Bemühungen nur einen ganz kleinen Stein im Mosaik des Klimaschutzes darstellen, so vergessen wir nicht, dass auch der Ozean aus einzelnen Wassertropfen besteht.
Mit diesen Aktionen laden wir auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, sich dem Klimaschutz anzuschließen, und erreichen so eine Multiplizierung.
Verehrte Leserinnen und Leser, liebe Kundinnen und Kunden, lassen Sie mich mit einem persönlichen Dank schließen. Die Würth-Gruppe hat 2021 mit einem neuen Rekordumsatz von mehr als 17 Milliarden Euro abgeschlossen und auch das beste Betriebsergebnis in der 75-jährigen Firmengeschichte eingefahren. Hierfür bedanke ich mich im Namen meiner ganzen Familie, aber auch im Namen der Würth-Gruppe. Gerne gebe ich zu, dass ich eine unbändige Freude über diese schönen nachhaltigen Erfolge verspüre, nachdem ich ja 1949 als Stift bei Würth und bei meinem Vater Adolf eingetreten bin und bis heute noch im Hintergrund an den wichtigsten Entscheidungen des Konzerns mitwirken darf.
Auch hier, meine ich, ist ein Stück Nachhaltigkeit gelungen. Das Unternehmen Würth hat sich nach dem frühen Tod meines Vaters im Jahre 1954, nachdem ich dann die Führung übernahm, vom Zweimannbetrieb bis heute zum Weltkonzern mit mehr als 83.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterentwickelt. Dies war nur durch das Wohlwollen unserer Kunden möglich, und indem wir versucht haben, in großem Umfang Dienstleistung zu erbringen, also zu dienen und zu leisten. Das soll auchin der zukünftigen Nachhaltigkeitsperiode so bleiben.
Ihr Reinhold Würth