Durch die TWINflex-Stretch bieten sich neue Möglichkeiten für Mikroelektronik am – und sogar im – Körper. Malte von Krshiwoblozki, Gruppenleiter, und Manuel Seckel, wissenschaftlicher Mitarbeiter, vom Fraunhofer IZM (Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration) über die Entwicklung, den Einsatz und die Zukunft von Wearables.
Vor welchen Herausforderungen standen Sie während der Entwicklung der TWINflex-Stretch?
Wir wollten eine dehnbare Leiterplatte entwickeln. Eine Leiterplatte, die Fabrikanten mit ihrer bestehenden Infrastruktur herstellen können – also ohne zusätzliche Maschinen und Investitionen. Dazu mussten wir weiche Materialien finden, die sich an verschiedene Prozesse anpassen lassen. Es ging dabei nicht nur um die Leiterplatte an sich, sondern auch darum, sie mit elektronischen Bauteilen auszustatten. Während der Entwicklung haben wir unzählige Tests und Untersuchungen gemacht. Auf das Ergebnis sind wir sehr stolz.
Wie kommt die Elektronik eigentlich in die Textilien?
Betrachtet man TWINflex-Stretch, kann man sich das so vorstellen, als würde man einen Flicken auf eine löchrige Jeans bügeln. Nur sprechen wir hier nicht von Bügeln, sondern von Laminieren. In anderen smarten Textilien haben sich Klebeprozesse bewiesen. Oder es wird gelötet und verkapselt, wenn das Material es zulässt.
Die Leiterplatten sind nun waschbar, dehnbar und flexibel. Wie könnte die nächste Verbesserung aussehen?
Aktuell prüfen wir, wie solche thermoplastischen Leiterplatten zur kostengünstigen Erzeugung dreidimensionaler Elektronikprodukte eingesetzt werden können: etwa neuartige Beleuchtungen und 3D-Antennenstrukturen oder -arrays, beispielsweise für 5G-Anwendungen. 5G ist die Bezeichnung der fünften Mobilfunkgeneration, die bis 2020 marktreif sein soll. Ihre Übertragungsgeschwindigkeit soll etwa das Zehnfache der aktuellen LTE-Geschwindigkeit betragen. Für solche Elektronikprodukte werden die Leiterplatten wie gehabt hergestellt und nachfolgend in einem thermischen Umformprozess in die gewünschte 3D-Form gebracht. Parallel dazu arbeiten wir im sogenannten „Projekt TexPCB“ an neuen Leiterplatten mit textilbasierten Leitern, die eine deutlich verbesserte Robustheit gegenüber mechanischen Belastungen versprechen: Ein riesiger Fortschritt im Bereich E-Textil, der neue Produkte ermöglicht.
Werden wir eines Tages alle zu Cyborgs und tragen Elektronik im Körper – oder ist das nur Science-Fiction?
Tatsächlich sind wir auf dem Weg dorthin. Gerade im Bereich der Medizintechnik schreitet die Entwicklung immer schneller voran. Das gilt auch für die Forschung im Bereich Gehirn-Computer-Schnittstelle. Die „Cyborgs“ der Zukunft werden kleinste, nicht sichtbare medizinische Implantate tragen. Solche gibt es teilweise schon, wenn man an Herzschrittmacher oder Cochlea-Implantate, also Hörprothesen, denkt. Das lässt sich aber nicht mit den Cyborgs aus Science-Fiction-Szenarien der 1980er- und 90er-Jahre vergleichen.
Vor welche ethischen Herausforderungen stellen uns Wearables?
Der ethisch relevanteste Aspekt bei Wearables ist im Grunde die Gewinnung von personenbezogen Daten. Das können Vitaldaten, Aktivitäts- und Bewegungsprofile sein. Werden diese Daten von einer Künstlichen Intelligenz analysiert, lassen sich wichtige Informationen über den Gesundheitszustand und das Verhaltensmuster von Personen ableiten. Im Idealfall können beispielsweise Krankheiten früher erkannt werden. Außerdem kann ein Patient der Krankenkasse belegen, dass er gesund lebt – und somit für Vergünstigungen berechtigt ist. Aber: Diese Daten lassen sich missbrauchen. Deshalb brauchen wir neue Mechanismen für unseren Umgang mit Daten, die den neuen Umständen gerecht werden.